17. Dezember 2016
Trübe Obama-Bilanz
Beim Amtsantritt des US-amerikanischen Präsidenten Obama erschien in diesem Walthari-Portal ein Beitrag unter dem Titel ›Obama ird scheitern‹. Zu dieser Prognose mußte man nach der Lektüre seiner Antrittsrede kommen. In seinem visionären Eifer versprach er zu Vieles, was er nicht erreichen konnte.
…
Anzulasten ist ihm auch der angewachsene Schuldenberg der USA in Höhe von 19(neunzehn) Billionen US-Dollar, eine Zahl mit zwölf Nullen. Bei seinem Amtsantritt vor acht Jahren waren es noch 10,6 Billionen. Keiner de vorangegangenen 43 US-Präsidenten hat den staatlichen Schuldenberg wie Obama fast verdoppelt. Und keiner seiner Vorgänger hat sein Land so hoch bei Japan und China verschuldet: Beide Länderhalten 37 Prozent der US-Staatsanleihen. Die USA müßten auf der Stelle in Konkurs gehen, verlangten Japan und China wegen Bonitätsmängel eine sofortige Rückzahlung. Indirekt übt China gegenüber den USA finanzielle Kolonialherrschaft aus.
Die weltweit euphorische Begrüßung von einst, ist einer Ernüchterung gewichen und belegt erneut die mediale Blindheit gegenüber den erkennbaren Fakten. Wiederum lag eine Walthari-Prognose richtig.
Teilweise anzulasten ist Obama auch der Wahlsieg Trumps. Wer über die Jahre große Teile der amerikanischen Bürger zugunsten professioneller Selbstvermarktung (sie brachte ihm den Friedensnobelpreis ein), darf sich nicht wundern, wenn…
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer, ausgenommen die Originalzitate. Aus: www.walthari.com
18. Oktober 2016
Von langer Hand geplant: Deutschland in die Knie zwingen
Teil 20
Aden, M.: Das Werden des Imperiums Americanum
und sein hundertjähriger Krieg,
Ares Verlag, Graz 2016, 231 Seiten, 18,- Euro
Der Autor bietet einen geschichtlichen Schnelldurchgang von der Antike bis heute und blickt auch in die nahe Zukunft, wobei die Berichtlinie auf die »bröckelnde Pax americana« und auf Deutschland zuläuft. Aden hält es für »offenbar nicht möglich, Geschichte wirklich sine ira et studio« zu schreiben (202), was ihn ermuntert, eine Perspektive einzunehmen, die der Neuen Rechten schadet. Denn sie hat durchaus gute Argumente vorzubringen, die hier mit Wendungen wie »Hitler und seine angeblichen Welteroberungspläne« (172) untergraben werden. Natürlich »stehen deutsche Historiker… unter dem Eindruck einer überwältigenden deutschen Schuld« (202), diese hätte sie allerdings nicht hindern sollen, die Geschichtswissenschaft nach den üblichen wissenschaftlichen Standards zu betreiben, was in der Tat über Jahrzehnte nur in Ausnahmefällen geschehen ist. Der Hinweis auf die selbstauferlegte Wahrnehmungsverzerrung der Historiker rechtfertigt aber nicht »die überwältigende deutsche Schuld« im Zweiten Weltkrieg zumindest indirekt zu bezweifeln (202 ff.). Hat England »zum Sieg über Deutschland eigentlich (?) gar nichts (!) beigetragen«? Immer wieder stößt man beim Lesen auf irritierende Formulierungen. Dabei bietet der Autor eine Fülle von bedenkenswerten historischen Daten, die unstreitig zur anglo-amerikanischen Dominanz geführt haben: sprachlich, wissenschaftlich, netztechnisch usw. Auf dem Weg zu dieser Vorherrschaft waren viele Mittel recht, vor allem kolonialistische und kriegerische, um Konkurrenten auszuschalten und niederzuhalten, allen voran Deutschland, das nach wie vor nicht nur den Angelsachsen als unheimliche Mittelmacht erscheint. Ringsum Deutschland hält das Staunen, der Neid und der Überwachungstrieb an, hat sich doch die europäische Mittelmacht innerhalb eines halben Jahrhunderts aus einem Trümmerfeld (1945) zum wirtschaftlichen Hegemon entwickelt. Frankreich, Italien, Polen und andere Staaten tun alles, um die EU-Einfriedung Deutschlands und den Mittelabfluß aus diesem Wirtschaftswunderland zu erhalten. Zurecht verweist Aden auf die unsägliche angelsächsische Propagandamaschine, doch Hitler mit Hannibal zu vergleichen ist nicht nur zeitlich weit hergeholt. Manches liest sich stellenweise so, als wolle man Hitler salvieren (171 ff.).
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer, ausgenommen die Originalzitate. Aus: www.walthari.com
30. September 2016
Hier irrt die Bundesbank
In ihrem Monatsbericht 9/2016 hält die Deutsche Bundesbank (DBB) indirekt der EZB vor, daß das »geldpolitische Mandat« nicht auf »Verteilungseffekte« zielen dürfe. »Für die Zentralbanken (sei) daher ein vertieftes Verständnis« über die »Wechselwirkung zwischen Geldpolitik und Verteilung… wichtig« (S. 37). Das ist eine harsche Kritik an Draghi, die aber ins Leere läuft. Die DBB bestreitet nämlich gleichzeitig, »dass die expansiven geldpolitischen Sondermaßnahmen der letzten Jahre … die Ungleichheit erhöht« haben (S. 38). Dem steht entgegen: Vom 5.339 Billionen Euro privaten Geldvermögen in Deutschland werden rd. zwei Billionen unverzinst auf Sparbüchern, Giro- und Tagesgeldkonten geparkt Die Wirkungen der Nullzinspolitik der EZB treffen auch die rd. zwei Billionen Versicherungen und Pensionskassen der Altersversorgung. Insgesamt entgehen den Sparern jährlich mehr als einhundert Milliarden Zinserträge! Dieser Vermögensraub ist ein veritabler Skandal, den die Altparteien und ihre Spitzenpolitiker mit zu verantworten haben, denn… Auch die Bundesbank nimmt die skandalöse Enteignung hin. Mit 705 Milliarden Euro haben sich überdies die Euroländer bei ihr verschuldet (Targetsaldo, S. 17 im statistischen Teil).
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer. Aus: www.walthari.com
9. September 2016
Von langer Hand geplant: Deutschland in die Knie zwingen
Teil 19
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Schon im 14. Jahrhundert beklagte ein Chronist den »Deutschenhaß« ringsum, der die Schriften des Lehrers der Deutschen (Albertus Magnus, 1200-1280) unterdrücke. Was viel später der Engländer Francis Bacon (1561 -1626) propagierte, nämlich die Natur methodisch-nüchtern statt aus den Schriften zu betrachten, hat Albert (er wurde 1931 heilig gesprochen) vorweggenommen: Ohne religiöse Vorbehalte solle man »zu erforschen (trachten), was im Bereich der Natur durch natureigene Kräfte auf natürliche Weise alles möglich ist«. In der europäischen Geistesgeschichte gilt dennoch Bacon als der früh bestimmende Naturphilosoph, während Alberts empirische Lehre und Naturkunde vergessen ist. Im Jahre 1980, als seines 700sten Todestages zu gedenken war, fiel die Erinnerung selbst in Deutschland schwach aus.
Es gleicht einem Tabubruch, daran zu erinnern, daß Frankreich seit Jahrhunderten seinen östlichen Nachbarn listenreich kleinhalten will. Die Raffinesse und Rechtsbrüche, mit denen das Elsaß im 17. Jahrhundert einverleibt wurde, war nur ein Vorspiel für den napoleonischen Imperialismus. Fortsetzung fand das hinterhältige Spiel in den Monaten der deutschen Wiedervereinigung. Heute greift man statt zu militärischen zu EU- und Euro-spezifischen Mitteln. Das Herzland Europas kleinhalten, irgendwie fesseln gehört zum Mentalitätshaushalt ringsum. Die Transferunion, von zahlreichen EU-Staaten gefordert, am lautesten von Frankreich, wird Deutschland endgültig…
Ja gewiß, die Idiotenherrschaften in Deutschland handelten verbrecherisch. Aber begegnete Bismarck 1871 dem besiegten Frankreich hinterlistig? Frankreich hat weit mehr Kriege geführt als Deutschland, seine Kolonialkriege nicht einmal mitgerechnet. Das sagt viel.
Immer wieder treiben es die Nachbarstaaten Deutschlands so arg mit dem als tumb und hypermoralisch angesehenen Staat in der Mitte Europas, daß selbst die traditionell deutschlandkritische Neue Zürcher Zeitung sich manchmal schützend bemüht: ›Prügelknabe Deutschland‹ lautet etwa die Überschrift vom 21. Mai 2016.
Der Schuldige an beiden Weltkriegen war nach 1945 über Jahrzehnte allein Deutschland, obschon die historische Forschung rund ein Dutzend anderer Staaten mit in der Verantwortung sieht. Man lese dazu neuerdings Filippo Focardis ›Falsche Freunde?‹, Paderborn 2015. Die alliierte Propaganda, voran die Angelsachsen, hatten immer schon ganze Arbeit geleistet.
Wie kniefällig Deutschland eingeschätzt wird, belegt aktuell das ehrlose Verhalten Merkels gegenüber dem türkischen Autokraten Erdogan. Doch nicht nur weit hinten in der Türkei hält man die deutsche Politik für leicht erpreßbar.
Ein bewährtes Dauermittel für die Aufrechterhaltung der Erpreßbarkeit sind ständige Belehrungen und Nazianspielungen. Die Schweiz und England predigen aus der Pose ›Wir altbewährten Demokratien…‹ und weisen hochmütig den Weg aus der EU-, Flüchtling-, Finanzkrise usw., empören sich aber prompt, wenn deutsche Medien vorsichtig auf die Splitter in deren Augen hinweisen.
Bisher unvorstellbar ist eine Erniedrigung, die von der Europäischen Zentralbank unter der Leitung des Italieners Draghi ausgeht. Deutsche Sparer, Banken, Rentenanwärter u.v.a. büßen Wertverluste durch die Nullzinspolitik von rd. einhundert Milliarden Euro jährlich ein, während andere EU-Länder die Vorteile einstreichen. Die Deutsche Bundesbank haftet für rd. 800 Milliarden Euro im Target-Verkehr.
12. Juni 2016
Schäubleriana
– Teil 11 der Artikelserie –
Seit Jahren kann man in diesem Walthari-Portal nachlesen, wie durchtrieben Wolfgang Schäuble seit 1981 im parteipolitischen Getriebe agiert. Die Presse hat ihm alle Ausrutscher und Tricks nachgesehen, um sich ihn als Gesprächspartner mit großem Hintergrundwissen zu erhalten. Nun scheint aber das Maß voll zu sein, nachdem er die unsäglichen Sätze zu Protokoll gegeben hat: »Die Abschottung ist doch das, was uns kaputtmachen würde, was uns in Inzucht degenerieren ließe. Für uns sind Muslime in Deutschland eine Bereicherung unserer Offenheit und unserer Vielfalt. Schauen Sie sich doch mal die dritte Generation der Türken an, gerade auch die Frauen! Das ist doch ein enormes innovatorisches Potential!«
Nicht nur daß er die Deutschen als inzuchtanfällig betrachtet, was an Verleumdung kaum zu überbieten und mit seinem Amtseid nicht zu vereinbaren ist. Nicht nur daß er den deutschen Frauen offenbar ein geringeres «innovatorisches Potential« zutraut, was zusammen einen sofortigen Amtsverzicht rechtfertigte. Er verdreht kaltschnäuzig die Tatsachen in der islamischen Welt, wo Ehen innerhalb der Verwandtschaft vorzüglich angestrebt werden (Ausnahmen: vgl. Sure 4). Türkischstämmige Einwanderer in Deutschland heiraten bevorzugt Importbräute aus dem verwandtschaftlichen Umkreis. Was dabei herauskommt, kann man bei Yasemin Yadigaroglu nachlesen. Die Presse verschweigt die Befunde und zeigt sich erst nach der Türkenblut-Rede von Erdogan aufgerüttelt – und blamiert. Ein Musterbeispiel für ablenkendes Ertapptsein liefert die FAZ vom 11. Jun 2016. Der demaskierte Redakteur scheint unter den EU-Euro-Kritikern nur »Brandstifter« erkennen zu können, muß aber die katastrophalen Konstruktionsfehle der EU zugeben. Er muß sich von einem Verfassungsrechtler z.B. belehren lassen, daß einfaches (!) europäisches Recht Verfassungsrang erhält und damit der Gestaltungspraxis nationaler Parlamente entzogen ist. Das hat der ertappte Redakteur nun auch verstanden, was ihn dazu bewog, dem Finanzminister Fahrlässigkeit zu bescheinigen, gleichzeitig aber feststellt: »Schäuble rutscht so etwas nicht einfach heraus.« Dann war es aber nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich, was sich mit der Grundthese dieser Artikelserie deckt, daß Schäuble eine gefährliche Politik betreibt: voller Tricks, voller Wendemanöver, voller EU-Utopismen und sarkastischer Einstellungen. Davon will die FAZ auf erbärmliche Weise ablenken, indem sie vorzüglich den sog. Rechtspopulismus zu den »hausgemachten Idiotien« rechnet. Immerhin bequemt sie sich zur karrierevernichtenden Wendung »Schäubles obszönes Oktroi der Vielfalt.«
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer, ausgenommen die Originalzitate. Aus: www.walthari.com
11. Mai 2016
Von langer Hand geplant: Deutschland in die Knie zwingen
Teil 18:
Simms, B.: Kampf um Vorherrschaft.
Eine deutsche Geschichte Europas: 1453 bis heute,
Pantheon Verlag, München 2016, 896 Seite, 19,90 Euro
Kein deutscher Historiker hatte bisher den Mut, den vom britischen Professor für die Geschichte der internationalen Beziehungen behandelten Themenkomplex aufzugreifen. Er sieht die Geschichte Europas als Kampf um die Vorherrschaft, wobei es über die Jahrhunderte bis heute darum geht, die Nation in der Mitte des alten Kontinents in Schach zu halten. Was nach dem Zweiten Weltkrieg als Zähmungsmaßnahmen anzusehen ist, die Einbindung Deutschlands in die Nato und EU, findet sich in der Geschichte variantenreich als Kriege und Bündnisse. Ob Frankreich, England, Schweden(im 30-jährigen Krieg), Rußland (mit der DDR) oder das Osmanische Reich, sie und andere Staaten (einschließlich der USA) fürchten seit jeher eine deutsche Vormacht, die sich aus Bevölkerungszahl, der wirtschaftlichen Stärke usw. ergibt. So ist die Lage wieder heute, siebzig Jahre nach der verheerenden Niederzwingung der Nazi-Diktatur. Wie Phönix aus der Asche bombardierter Städte und Dörfer und nach der industriellen Ausplünderung ist Deutschland naturwüchsig wieder zum Dominator geworden, mehr beneidet als bewundert, obschon deutsche Steuerzahler die Haushalte nicht weniger Nachbarländer sanieren helfen. Die deutsche Frage ist nach wie vor offen, denke man an die mehr oder weniger deutlich erkennbaren Vorbehalte in Polen, Frankreich, Italien, Griechenland usw.). Dagegen hilft auch nicht die friedfertigste Politik und die selbstauferlegte militärische Zwergausrüstung. Simms weitet den Blick auf dieses politische Muster bis zum berühmten Wendejahr 1453 (Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen). Ich lese das faktenreiche Buch als Kommentar meiner Artikelserie ›Deutschland in die Knie zwingen‹ (bisher 17 Beiträge in: www.walthari.com). Die Überschrift der Artikelserie (›Von langer Hand geplant‹) findet in Simms ›deutscher Geschichte Europas‹ (Buch-Untertitel) reichlich Bestätigung. Der Außenblick auf Deutschland hat sich durch politisches Kleinmachen und ökonomische Hilfeleistungen nicht objektivieren lassen. Je nach Bedarf schüchtert man mit der Nazikeule deutsche Politiker ein und will dabei die unsäglichen Kolonialverbrechen (Englands, Frankreichs u.a.) vergessen machen. Auf das Mordkonto des ehemaligen belgischen Königs Leopold II. gehen etwa zehn Millionen Kongolesen.
Simms gliedert seinen gewaltigen Stoff in:
1. Reiche, 1453-1648
2. Sukzessionen, 1649-1755
3. Revolutionen, 1756-1813
4. Emanzipationen, 1814-1866
5. Vereinigungen, 1867-1916
6. Utopien, 1917-1944
7. Teilungen, 1945-1973
8. Demokratien, 1874-2011
Der Anhang von 171 Seiten bietet u.a. mit den Karten und dem Sach- und Personenregister die notwendigen Orientierungshilfen. Das Dauermuster der deutschen Geschichte Europas (nicht der deutschen Geschichte) lautet: »Für Europa beunruhigt war (und ist, E.D.)… das enorme… Gewicht Deutschlands,.. Über vierhundert Jahre lang (bis zu Bismarck, E.D.) war Deutschland in erster Linie ein Objekt (!) der europäischen Politik.« Und das ist es heute mit der Draghi- und Juncker-Zwinge geblieben.
©Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer, ausgenommen die Originalzitate. Aus: www.walthari.com
23. April 2016
Schäubleriana
– Teil 10 der Artikelserie –
In den vorangegangenen Teilen 1 bis 9 dieser Artikelserie wurde die ebenso windungsreiche wie gefährliche Politik eines der einflußreichsten deutschen Politiker seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts offengelegt: Wolfgang Schäuble agiert und agitiert seit nunmehr dreißig Jahren auf dem politischen Feld, wobei ihm viele Medien häufig zu Füßen lagen. Demgegenüber warnte schon der erste Beitrag dieser Artikelserie vom 13. Oktober 2011 vor den Gefahren, die vom schwankenden Politikstil Schäubles ausgehen: ›Finanzminister Schäuble: eine Gefahr für Deutschland?‹, lautete z.B. eine Artikelüberschrift. Einzig die FAZ nimmt, wenn auch spät, kein Blatt vor den Mund: ›Schäuble, scheinheilig‹ (11.03.2015), ähnlich scharf der Verriß im politischen Leitartikel vom 15. April 2016. Der gleiche Schäuble, der nun vor der Niedrigzinspolitik der EZB warnt, hatte an der Konstruktion der EZB mitgewirkt und setzte seine Hausvertreter bei der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts (es ging um Kompetenzüberschreitungen Draghis) demonstrativ an die Seite der Frankfurter Umverteilungsbanker.
Über Jahre plädierte Schäuble für ›Mehr Europa‹, zeigt aber angesichts des EU-Euro-Scherbenhaufens keinerlei Selbstkritik. Großmaulig schwadronierte er in ganzseitigen Zeitungsbeiträgen (so in der FAZ vom 12.01.2013 und 07.04.2015) für ein zentralistisches Europa, obschon die ILO vor sozialen Unruhen angesichts des EU-Euro-Desasters gewarnt hatte. Der schlimme Verriß des ehemaligen Verfassungsrichters Dieter Grimm, worin er vom »Schleichweg der Verschleierung« mit Blick auf Schäuble spricht (vgl. FAZ Nr. 31/2013, S. 28), hatte die Politkarriere des wendigen Parteimanns ebensowenig beenden können wie die Spendenaffäre samt Gerichtsverfahren. Der verstorbene Finanzprofessor Wilhelm Hankel sprach von »einer bizarren Mischung aus Rechtsbeugung, Verschleierung, Rechts- und Vertragsbrüchen«, das die EU-Euro-Politik auszeichne. Eine Politik, die einem Wolfgang Schäuble nicht fremd sein dürfte.
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer. Aus: www.walthari.com
3. Juli 2015
Schäubleriana
Teil 9 des Schäuble-Merkel-Desasters
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Verrückter kann die allgemeine Lageeinschätzung nicht sein. Obschon Wolfgang Schäuble einer der Hauptverantwortlichen des Eurodesasters ist, jubelt ihm die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Abbruch der Griechenlandverhandlung zu, und auch das Publikum zeigt sich in Umfragen von dem Bundesfinanzminister begeistert.
Zur Erinnerung: Schäuble plädiert seit Einführung der Gemeinschaftswährung gegen alle ökonomische Vernunft für deren Bestand. Als politischer Akteur tat er alles, um die völlig falsch konzipierte Eurowährung politisch über die Runden zu bringen bis zum Griechenland-Kollaps. Deutschland kostet das Abenteuer samt Konkursverschleppung 90 (neunzig) Milliarden Euro, je Kopf der Einwohner 1.085 Euro. Und dennoch jubeln ihm die Unionsparlamentarier zu und sieht ihm das beschwerte Publikum als…
Seit 2011 sind in diesem Walthari-Portal mehrere Beiträge über ›Schäubles brandgefährliche Europaspiele‹ erschienen, die genau die Entwicklung bis zum derzeitigen Kollaps beschreiben. Das fintenreiche…
Es darf gelacht und geweint werden.
Den Koran beim Wort und die Mullhas ernst nehmen
Teil 14
Teil 1: 30. Sept. 2001
Teil 7: 22. Febr. 2003
…
2. … Rund um den Erdball hat die islamische Welt ein verheerendes Angstklima geschaffen, das durch Terroranschläge auch in der westlichen Welt laufend unterfüttert wird. Es ist daher scheinheilig, die Islamisierung nur auf die Zahl der Muslime in einem Land zu beschränken. In den Köpfen westlicher Bürger ›islamisiert‹ es täglich, befeuert durch Horrormeldungen in Serie.
3. Wie immer man den Koran auslegt, zahlreiche Suren sind so wenig demokratieverträglich wie Stellen im AltenTestament (vgl. z.B. 3. Mose 26, 7-8; 4. Mose 33,52), in dessen Namen allerdings kein weltweiter Terror stattfindet. Dies ständig zu bestreiten oder schönzureden oder zu übergehen, ist einer der folgenreichsten Fehler westlicher Meinungsführer in Politik und Medien. Wenn Bürger, die sich mittlerweile massenhaft korankundig gemacht haben, von ›Lügenpresse‹ und ›politischer Lügenkaste‹ sprechen, dann denken sie an die Kluft zwischen der Behauptung der politmedialen Klasse, wonach der Islam generell eine friedliche Religion sei, und den Suren wie »Sind die heiligen Monate abgelaufen, dann tötet die Beigeseller [Götzendiener], wo immer ihr sie findet, ergreift sie, belagert sie und lauert ihnen auf aus jedem Hinterhalt.« »Kämpft gegen die, die nicht an Gott glauben und auch nicht an den Jüngsten Tag (…), bis sie erniedrigt den Tribut aus der Hand entrichten« (Suren 9, 5 und 25). Längst gehört es zum allgemeinen Erkenntnisstand, daß dem Islam eine historisch-kritische Aufklärung wie beim Christentum noch bevorsteht und daß, solange dieser Prozeß nicht abgeschlossen ist, seine Texte zur Rechtfertigung von Terror herangezogen werden. Es zeugt daher von grober Irreführung zu behaupten, der sog. Islamismus hätte nichts mit dem Islam zu tun (so Bundesinnenminister de Maizière u.a.). Fortsetzung
© Waltharius, ausgenommen die Originalzitate. Aus: www.walthari.com
31. Januar 2014
Im Zugriff der großen Koalition: Menschen statt Bürger
Ohne die Aura des Citoyens
Leistet Papst Franziskus unfreiwillige Hilfe?
Veröffentlicht in der Wochenzeitschrift ›Junge Freiheit‹ vom 31. Januar 2014, Seite 18, unter der Überschrift »Marktwirtschaft unter Rechtfertigungsdruck – Freiheit ist das beste Mittel«.
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Es ist eines der erstaunlichsten Phänomene unserer Zeit, daß es dem Parteienstaat gelingt, die zunehmenden Freiheitseinschränkungen als Fortschritt erscheinen zu lassen. Noch erstaunlicher ist, daß die überwiegende Mehrheit der Bürger nicht durchschaut, warum ein Übermaß an Freiheitseinschränkungen früher oder später zu Wohlstandsverlusten führen muß. Die Geschichte ist dafür ein unbestechlicher Lehrmeister. Am erstaunlichsten ist freilich, daß dieser Prozeß, der die rechtsstaatlichen und sozialen Fundamente einer freiheitlichen Gesellschaft berührt, sich aktuell auf eine hohe Autorität berufen kann, nämlich auf ein Lehrschreiben des Papstes vom November 2013 mit dem Titel Evangelii Gaudium (Die Freude des Evangelliums). Papst Franziskus wendet sich an alle Bischöfe, Priester und auch an die Laien, damit sie das »Evangeliums in der Welt von heute« verkündigen. Gerade dieser Tage erinnerte der Papst wieder an sein Lehrschreiben, als er an die versammelte Wirtschaftselite der Welt in Davos appellierte, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen und die Armen in der Welt nicht zu vergessen. Es lohnt sich, die beiden Grundlagenpapiere für die einleitend beschriebene Lage, den Koalitionsvertrag (KV) zwischen der CDU, CSU und SPD und das Papstschreiben einer vergleichenden Betrachtung zu unterziehen, (1) weil beide Texte im Staatstrend liegen, und (2) weil von beiden Erklärungen eine unübertroffene politische und religiöse Leitfunktion ausgeht. Natürlich hat Papst Franziskus sein Schreiben nicht mit Blick auf den Koalitionsvertrag verfaßt, aber gerade dieser Umstand belegt ungewollt einen gewissen Gleichklang der Auffassungen über wirtschaftliche Zusammenhänge.
Das Menschen- und Gesellschaftsbild im Koalitionsvertrag und das darin erkennbare Verhältnis zwischen Bürger und Staat wurden öffentlich so ausführlich erörtert, daß ich mich hier kurz fassen kann. Kein Zweifel: Die Koalitionäre verschieben die Entscheidungsgewichte deutlich in Richtung Staat und schwächen damit die Selbstverantwortung und Freiheit des Bürgers. Die Belege dafür sind zahlreich: Eingriff in die Tarifautonomie (Mindestlohn), in das Mietvertragsrecht, in die Rentenkasse und damit in die spätere Alterssicherung, in das identitätsstiftende Staatsbürgerschaftsrecht, in die ärztliche Versorgung, in die sichere Energieversorgung usw. Ohne Not und Weitsicht greift der Parteienstaat in zahlreiche bürgerliche Lebensfelder tief regulierend ein, was mit individuellen Freiheitsverlusten erkauft wird. An das staatliche »Fürsorgemodell« haben sich die Wähler schon so sehr gewöhnt, daß sie die Schattenseiten geringschätzen und die Wohlstandsverluste übersehen. Der KV beschönigt und überdeckt die Einschränkungen mit wohlfeilen Formulierungen und Leerformeln (»Wir wollen die Soziale Marktwirtschaft stärken…«). Ständig spricht ein mächtiges Parteien-Wir: »Wir wollen«…, wir wollen.« In der umfangreichen Präambel ist vom Bürger nur in einem einzigen Abschnitt die Rede. Ansonsten hat man ihn, den Citoyen und Verfassungssouverän, aus dem Blick verloren und spricht stattdessen dutzendfach vom »Menschen«, als handle es sich um eine bloß biologische Spezies, die man händchenhaltend versorgen müsse. Der aktuelle politische Leittext für Deutschland atmet nicht die Aura des souveränen Citoyens.
In dem genannten Papstschreiben kommt ein Wirtschaftsverständnis zum Ausdruck, dem auch kirchentreue Christen, sofern sie ökonomisch aufgeklärt sind, kaum zustimmen können. Unternehmer und Wissenschaftler (darunter der Verfasser dieses Beitrags), die der katholischen Soziallehre viel abgewinnen können, schauen verwundert auf das Bild, das Franziskus von der (Markt-)Wirtschaft zeichnet, die er mit dem Verdikt belegt: »Diese Wirtschaft tötet« (Ziffer 52 seines Lehrschreibens). Dem Papst selber müssen Zweifel gekommen sein, sonst hätte er nicht in Ziffer 184 zugestanden, daß »weder der Papst noch die Kirche das Monopol für die Interpretation der sozialen Wirklichkeit« besitze. Er lädt zur Diskussion ein und setzt damit das offene Amtsverständnis seines Vorgängers Benedikts XVI. fort. Wenn er aber versichert: »Dies(es Schreiben) ist kein Dokument über soziale Fragen«, so stehen dem zahlreiche einschlägige Beschreibungen der wirtschaftlich-sozialen Verhältnisse entgegen. Daneben fallen auch deutliche Worte über das Systemische allen Wirtschaftens. Die Verhältnisbeschreibungen markieren schonungslos das Skandalon kalter Marktgesinnung. Mit ihr geht der Papst zurecht scharf ins Gericht. Er spricht vom »Schrei der Armen«, vom Elend der Ausgeschlossenen und macht eine »tiefe anthropologische Krise« dafür verantwortlich. Zwar seien »die Erfolge, die zum Wohl der Menschen beitragen«, lobenswert. »Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass der größte Teil der Männer und Frauen unserer Zeit« in »Angst und Verzweiflung« lebten, »sogar in den sogenannten reichen Ländern«. »Die soziale Ungleichheit tritt immer klarer zutage.« Franziskus schreckt vor drastischen Bildern nicht zurück und versichert, er schreibe »mit Liebe und bester Absicht…, weit entfernt von jedem persönlichen Interesse oder einer politischen Ideologie«.
Dutzende Briefstellen lesen sich jedoch eindeutig als Grobzeichnung einer politischen Weltanschauung (Ideologie). Der Papst legt an die Übel der Globalisierung biblische und lehramtliche Maßstäbe an, d.h. er wird systemisch. Das Schreiben steht unter dem Motto, »die Kultur zu evangelisieren, um das Evangelium zu inkulturieren«. Diese Perspektive erzwingt neben Übelbeschreibungen auch eine Systembeschreibung, die wohl nicht nur mich zweifeln läßt, ob Franziskus und sein Berater die Kategorien (nicht die Übel) des nun mal weltlichen Wirtschaftslebens richtig sieht. Eindeutig sind die Briefstellen, die eine Zuteilungswirtschaft favorisieren. Franziskus wünscht sich nicht nur eine »arme Kirche«, sondern auch eine Gemeinwirtschaft jenseits der Marktwirtschaft. Freie Märkte lehnt er erkennbar ab, ebenso »ein undifferenziertes, naives Vertrauen auf die Güte derer…, die die wirtschaftliche Macht in Händen halten«. Dafür macht er »die sakralisierten Mechanismen des herrschenden (!) Wirtschaftssystems« verantwortlich. Er schreibt, »in dem geltenden ›privatrechtlichen‹ Erfolgsmodell scheint es wenig sinnvoll zu investieren, damit diejenigen, die auf der Strecke geblieben sind, die Schwachen oder die weniger Begabten, es im Leben zu etwas bringen können«. Er meint, die »Kultur des Wohlstandes betäubt«, und stellt somit das herrschende Wirtschaftsmodell zur Debatte. Im franziskanischen Wirtschaftsdenken kommen Unternehmer und Privateigentum zwar noch vor, aber nur in dominanter Ausrichtung auf die Armen, Schwachen und auf das Gemeinwohl. Dadurch hofft der Papst, »den schweren Mangel an einer anthropologischen Orientierung« beheben zu können. Gott erwarte eine »verbindliche Antwort…, die außerhalb der Kategorien des Marktes steht«. Dazu sei auch ein »energischer Wechsel der Grundeinstellung der politischen Führungskräfte« erforderlich. Letztlich kristallisiere sich »in den ungerechten Gesellschaftsstrukturen« von heute das »Böse« als Grund dafür heraus, »warum man sich keine bessere Zukunft erwarten kann«.
Fügt man diese und weitere Aussagen zu einem Bild zusammen, zeichnet sich ein alternatives ökonomisches Weltbild ab, das in den Medien und unter Ökonomen überwiegend auf Ablehnung stößt, erst recht bei Unternehmern, die ihre Arbeit in Wettbewerbsmärkten herabgesetzt sehen. Der Papst wolle nicht nur die Kirche »radikal verändern«, hieß es in der Neuen Zürcher Zeitung, er übe auch »scharfe Kritik« am »gegenwärtigen Wirtschaftssystem…, da es vom Gesetz des Stärkeren geleitet sei«. Daher, so das allgemeine Presseurteil, betreffe seine »Regierungserklärung« (NZZ) nicht allein Katholiken, sondern gleichermaßen Gläubige, Atheisten und Agnostiker, also alle Bürger. Vermutlich hat diese allgemeingesellschaftliche Betroffenheit Kardinal Marx (München) in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zu einer Interpretation veranlaßt, die, legt man das Papstschreiben daneben, die Sache eher verschlimmert als rettet. Zu alledem schweigen führende Unions- und SPD-Politiker, vermutlich nicht weil ihnen die radikale Systemkritik sympathisch wäre, wohl aber ist es die erwünschte zunehmende Staatskontrolle, die ihnen zupaß kommt. Es wäre daher ein schwerer Fehler, das ökonomische Franziskus-Modell einfach als inkompetent zu ignorieren. Dagegen spricht allein schon seine weltweite Wirkung. Es ist zwar kein Dogma, aber an seiner Verbindlichkeit läßt der Papst mit ausführlich zitierten biblischen Gründen keinen Zweifel (Ziffer 191ff). »Die Sonderoption für die Armen« habe alles kirchliche und weltliche Handeln zu bestimmen, weshalb die »strukturellen Ursachen« für die Fehlentwicklungen an den »Wurzeln« zu packen seien. Franziskus sieht die Lösung in einer »angemessene(n) Verwaltung (!) des gemeinsamen Hauses«, worunter er ersichtlich gemeinwirtschaftliche Wirtschaftsformen im Geiste biblischer Brüderlichkeit versteht. Seine Wirtschaftsvorstellungen übersehen, daß globalisierende Märkte die Weltarmut weit stärker verringert haben (um rd. 700 Millionen Menschen seit den 80er Jahren) als dirigistische Mechanismen. Daneben gibt es weitere, historisch gut belegte und empirisch erhärtete Einwände, die hier nur angedeutet werden können. So hat der Papst keinen Blick für Evolutionsökonomien jenseits von Gemeinwirtschaften und auch jenseits des radikalkapitalistischen Globalisierungsbetriebes. Alles Wirtschaften kann man als einen evolutionsökonomischen Prozeß verstehen, der bei sanktionierender Rahmensetzung durch den Staat dann ›Wohlstand für alle‹ (Ludwig Erhard) zeitigt, wenn Freiheitsgrade individuell anspornen. Genau dann kommt es zu ›Wirtschaftswundern‹ mittels fairer und offener Märkte. Darin und nicht in einem gutgemeinten zentralistischen Durchgreifen liegt jene ökonomische Potenz, die einer sozialen Gerechtigkeit zuarbeitet und Armut verringert. Dafür gibt es in der Geschichte und Gegenwart zahlreiche Länderbeispiele (historisch: Nachkriegsdeutschland; akutell: Litauen). Der Papst aber verkennt solche überzeitlichen Prozeßmuster, die in allem Wirtschaftsleben stecken und die stets eine häßliche und eine ethische Seite haben und die unter lebensweltlicher Bürgerperspektive immer nur auf eine Mängelminimierung hinauslaufen können. Korruption oder armutsverachtender Luxus kommen in allen Wirtschaftsformen vor, die wirtschaftende Kirche selber war und ist nicht frei davon. Das liegt in der Conditio humana begründet, die das Christentum bisher nicht wesentlich aufbessern konnte. Dennoch sind Transformationen jenseits dirigistischen und radikalkapitalistischen Wirtschaftens möglich und notwendig. Der ersten Version fehlt es an Wissen, der zweiten an Moral. Aufgerufen ist der Staat als strenger Rahmengeber, nicht als Planungskommandeur. Franziskus will seine Kirche dezentralisieren, ein Muster, das zur Marktwirtschaft paßt. Warum hier nicht weiterdenken? Das wäre auch den Koalitionären zu empfehlen.
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer. Aus: www.walthari.com
Euro- und EU-Schlamassel
Teil 7 des Schäuble-Merkel-Desasters
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Wie seit den 90er Jahren vorhergesagt (auch in diesem Walthari-Portal mit zahlreichen Beiträgen): Der Euro wird scheitern, er bringt die Völker gegeneinander auf, er vernichtet Privatvermögen, zwingt zur staatlichen Finanzregulierung wie in Kriegszeiten und gefährdet die Demokratie. Die politische Klasse und die ebenso vorteilsbedachten Konzerne geben dem Volksbetrug…
Ein Aufmacher in der NZZ (Nr. 9/2013) ist überschrieben: ›Braucht die Politik eine Psychotherapie?‹ Besser wäre, die politische Klasse in bürgerliche Berufe zu entlassen, um den kartellartigen Parteienstaat direktdemokratisch zu reformieren (vgl. ›Aktive Bürgergesellschaft in einem gebändigten Staat‹).
Am 28. März 2013 hat der deutsche Finanzminister wieder mal eine Nebelkerze gezündet (in SWR II, 7,10 Uhr), obschon seine raffinierte Taktik vom ehemaligen Verfassungsrichter Dieter Grimm längst vernichtend demaskiert wurde (in: FAZ Nr. 31/2013, S. 28). Schäuble macht unbelehrbar weiter und rudert im Euro-Schlamassel…
Was muß noch alles geschehen, damit der schlafmützige deutsche Bürger sein Widerstandsrecht, wie es das Grundgesetz verbürgt (Art. 20/4), endlich wahrnimmt und begreift, daß die »verfassungsmäßige Ordnung« in Gefahr ist und daß daraus eine Widerstandspflicht erwächst? Erwacht das feige Bürgertum erst, wenn auch hierzulande auf Sparguthaben zur ›Rettung‹ der Gemeinschaftswährung ein Euro-Soli erhoben wird? Verdeckt (über riesige Haftungssummen) wird ja schon auf den Steuerzahler zugegriffen…
© Walthari® – Aus: www.walthari.com
Wolfgang Schäuble in der gefährlichen Irr-Spur
Teil 6
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
… er kann eben das böse Tricksen und faktenverdrehende Beschönigen nicht lassen. Davon legte er Ende 2012 in einem Gespräch wieder ungeniert eine Probe ab. In den neunziger Jahren plädierte er für ein Kerneuropa. Als man ihn daran erinnerte und seine derzeitige Illusionsthese vom zentralistischen Europa dagegenhielt, konterte er: Der Machtverlust der Mitgliedstaaten sei hinzunehmen. Darin folgen ihm nicht einmal mehr alle Berufseuropäer im Straßburger Parlament, geschweige denn bei Beobachtern mit Realitätssinn: Diese weisen auf die unheilbare Bürgerferne der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments hin, das nach dreißig Jahren von immer weniger Bürgern gewählt wird (weit unter 50 % Wahlbeteiligung) und deren Abgeordnete kaum jemand kennt.
Schäubles Motto: »Ohne Krise bewegt sich (in Europa) nichts« (FAS 51/2012, S. 6) zeugt von einer menschen- und kulturverachtenden Brutalität. Heißt es doch: Das Gewachsene und Bewährte zerstören, um am EU-Raumschiff weiter bauen zu dürfen.
Brutalität und Illusionslust paaren sich in der Politik häufig mit Sarkasmus. Berühmt und entlarvend die Szene vor offener Medienbühne Anfang November 2010: Schäuble blickte, so notierte es ein Journalist, »grinsend, lachend und strafend zu Offer« (seinem damaligen Pressesprecher), fiel ihm ins Wort und machte ihn vor laufenden Kameras fertig: »Herr Offer, reden Sie nicht, sondern sorgen Sie dafür, daß…« Schäuble verließ verärgert den Presseraum, nicht ohne Offer zu verhöhnen. Als der Minister zurückkehrte, steigerte er seine höhnische Mitarbeiterbehandlung: »Kann mir mal einer den Offer herholen? Wir warten noch. Er soll den Scherbenhaufen schon selber genießen.« Herholen! Öffentlich niedermachen, das verrät viel über die Denkweise schlechthin.
In der Mentalitätstrias (Brutalität, Illussionslust und Sarkasmus) gesellt sich Verdrängen. Im Spiegel 7/2000, S. 27, konnte man nachlesen, wie das bei Schäuble geht. Den Geldspender Schreiber wollte er zunächst nur einmal getroffen haben, dann waren es aber doch zwei Mal und später noch ein drittes Mal. Die erste »Version untermauerte er… mit einer eidesstattlaichen Versicherung«. Das sagt…
Was leistet er als Finanzminister? »Sparen? Fehlanzeige«, titelte das Handelsblatt Nr. 26/2012, S. 4 f. und stellte ihm ein miserables Zeugnis aus. Trotz gut laufender Konjunktur nehmen die Staatsschulden zu. Den Juristen im Fiskalgeschäft ficht das nicht an, er redet sich heraus: »Es ist nicht der Finanzminister allein, der die Politik der Regierung beschließt.« Schäuble verschweigt aber das verfassungsrechtliche Vetorecht eines Finanzministers. Hauptsache auch hier, es…
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16. Oktober 2012
Tricks und anmaßendes Wissen bei Wolfgang Schäuble
Teil 5
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Jetzt haben auch die gutgläubigsten Journalisten begriffen, was für ein Politikertyp der deutsche Finanzminister ist. Das hat lange, zu lange gedauert. Was sie schreiben, nimmt sich wie ein Nachgeplapper dieser Artikelserie im Walthari-Portal aus, die seit Oktober 2011 erscheint.
Schäuble schließt einen Staatsbankrott Griechenlands aus – gegen alle ökonomische Vernunft, der sich auch die fünf führenden Wirtschaftsinstitute jüngst angeschlossen haben. Endlich platzt der FAZ (Nr. 240/2012, S 13) der Kragen: »… den ›Rettern‹ geht es erkennbar nur noch darum, zu möglichst geringen eigenen politischen Kosten Griechenland abermals Finanzhilfen zu ermöglichen. Damit die Steuerzahler in den Geberländern weiter mitspielen, muss das Athener Zahlenwerk so aussehen, als gebe es nennenswerte Fortschritte, flössen die Kredite nicht nach wie vor ins Bodenlose… Wolfgang Schäubles Glaubwürdigkeit ist im Bemühen, den Euro um jeden Preis zu bewahren, auf der Strecke geblieben. Was immer der Minister heute auch sagt – garantiert ist, dass er morgen ein Argument finden wird, das Gegenteil für richtig zu erklären. Sollen den Griechen also demnächst doch wieder Schulden erlassen werden müssen, wird Schäuble erklären, dass ein Teilbankrott natürlich kein Staatsbankrott sei, oder so ähnlich« (Hervorhebung: E.D.).
Wer Schäubles politische Trickserei durchschaut hat (vgl. die Teile 1 bis 3 dieser Artikelserie), ist nicht überrascht.
Zugrunde liegt ein grundsätzlicher Gedanke: Die ambivalente Rolle des Nichtwissens wird zur Gefahr, wenn sie mit Arroganz gepaart wird. Friedrich A. Hayek hat 1944 in seinem Klassiker ›Der Weg zur Knechtschaft‹ (Neuauflage 2007; besprochen in diesem Walthari-Portal) auf die Anmaßung des Wissens, das zu wenig weiß, mit zahlreichen Beispielen hingewiesen und die Katastrophen und Ideologien des 20. Jahrhunderts anhand der Arroganz des sich wissend gebenden Nichtwissens erklären können. Die Dialektik läßt sich vereinfacht so darstellen: Nichtwissen übertrifft Wissen in unendlichen Ausmaßen; wenn daher Nichtwissende geschlossene Entscheidungen treffen oder Vorhersagen wagen, d.h. mit unvorhersehbaren Einwirkungen des Nichtwissens nicht kalkulieren, sich also arrogant geben, machen sie Fehler; im Nichtwissen steckt andererseits eine Freiheitkomponente (der komplizierte Zusammenhang wird demnächst in einem Walthari-Heft erklärt), die aber nur wirksam wird, wenn der Nichtwissende ohne die Arroganz des Allwissenden auftritt. Märkte und politische Makroentscheidungen (Einführung des Euro usw.) sind dafür beredte Beispiele.
Die Eurokrise läßt sich auf diesem Hintergrund gut erklären. Die Politiker taten in den 90er Jahren so, als wüßten sie genau, welche segensreiche Wirkungen von der Gemeinschaftswährung ausgehen würden – eine Hybris aus politischem Machbarkeitswahn. Auch die Verteilung des Friedensnobelpreises für ein bürgerfernes System, das ein Werk nichtwissender ›Eliten‹ darstellt, kann die Fehlkonstruktionen nicht aus der Welt schaffen, ganz abgesehen davon, daß schon die Friedensbegründung angemaßt ist; denn in Europa herrscht ein psychologischer Krieg wie seit sechzig Jahren nicht mehr.
Wolfgang Schäuble ist ein prominenter Vertreter angemaßten Nichtwissens. Daran erinnerte dieser Tage unfreiwillig die FAZ (Nr. 236/2012, S. 13) mit einem beschönigenden Beitrag: »Wette verloren, Herr Schäuble!«, titelte sie neben ihrem Ausriß eines Interviews, das die Zeitung mit dem Finanzminister am 24. Juli 2010 führte. Darin warb Schäuble nicht allein für ein Insolvenzrecht für marode Staaten, wovon er heute angesichts des bankrotten Griechenlands nichts mehr wissen will. In der gewohnten Manier des angemaßten Wissens sagte er damals: »Solange Angela Merkel Bundeskanzlerin und ich Finanzminister bin, würden Sie diese Wette« (es ging um die von der FAZ behauptete Verlängerung des EFSF) »verlieren. Die Rettungsschirme laufen aus. Das haben wir klar vereinbart. Griechenland wird insgesamt drei Jahre der Kreditlinien in Anspruch nehmen können. Dann können sie noch fünf Jahre laufen. Danach ist Schluss« (Hervorhebungen: E.D.). Inzwischen sind über 400 Milliarden Euro nach Griechenland geflossen, ohne daß sie das Land gerettet hätten. Und die Rettungsschirme laufen unendlich weiter. Schäuble räumt dem Land inzwischen einen Empfängerstatus bis 2020 ein und prophezeit, daß dann Hellas wettbewerbsfähig sein wird – kein Schluß mit angemaßtem Wissen also. Das paßt alles zur Analyse in den Teilen 1 bis 3 dieser Artikelserie. »Der eingeschlagene Weg… ist gleichermaßen unvermeidlich wie erfolgversprechend«, zitierte ihn die gleiche Zeitung in Nr. 167/2012, S. 2. Woher der Mann das weiß? Und warum lassen wir uns die Tricksereien gefallen?
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19. September 2012
Schäubles raffinierter Politikstil
Teil 4
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Länger als Adenauer, Kohl und jeder andere Politiker bedient Wolfgang Schäuble die zentralen Schalthebel der Politik. Ob der unheilbare Bruch mit Kohl, die beschämende Spendenaffäre, Merkels Demütigung und all die anderen Schläge und Brüche: er hat alles überstanden und gilt als eigentlicher Stellwerker in der Eurokrise. Das schafft nur einer, der »von allem Anfang an süchtig war« (FAZ Nr. 216/2010, S. 36) nach der Macht und es dank seiner raffinierten Strategie (vgl. die Teile 1 und 2) verstanden hat, die Medien und das Publikum davon zu überzeugen, daß Machtsucht keine gefährliche Krankheit ist. »Er spricht viel über seine Politik und sagt mit seinen verschwurbelten Sätzen in Wirklichkeit wenig«, konstatiert der Journalist Manfred Schäfers. Davon und von seiner Meisterschaft im Verdrehen und Stechen gibt er dieser Tage wieder in einem Gespräch in der FAS (Nr. 37/2012, S. 33) eine Probe ab. Nicht nur die durch den Einigungsvertrag (Schäuble war maßgeblich beteiligt) enteigneten Bürger wundern sich über Schäubles Rechtsverständnis schon lange nicht mehr, auch die Millionen Sparer nehmen ihm nicht seine Behauptung ab, die gegenwärtige stille Enteignung ihres Geldvermögens habe nicht die Inflation, sondern die »Verzerrung in den Märkten« zur Ursache. Natürlich weiß er es besser, aber mit dieser Nebelkerze bleibt er bei seinem Metier. Forsch hatte er noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach Karlsruhe signalisiert: »Nicht in einem Punkt gab es jemals den geringsten Hinweis, dass das Bundesverfassungsgericht etwa der Meinung sei, dass die Übernahme der Verantwortung durch den Fiskalvertrag und des ESM nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Deshalb schließe ich ein Daumensenken nun wirklich aus« (FAZ vom 5. Sept. 2012, S. 10). Selbst die dann doch verfügten Karlsruher Korrekturen deutet er kaltschnäuzig als volle Bestätigung der Bundesregierung und rüffelt Gauweiler und Weidmann. Wer, außer Schäuble, könnte sich diesen Ton und diesen Politikstil noch erlauben?
Seit 1961 ist Schäuble im politischen Geschäft. Darüber ist er siebzig Jahre alt geworden, und er will noch weitermachen und Proben seines…
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5. Juli 2012
Schäubles brandgefährliche Europaspiele
Die Erkennung seiner politischen Muster tut not
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Im historischen Rückblick wird nicht allein Angela Merkel als herausragende tragische Gestalt in der Eurokrise gesehen werden, sondern mehr noch Wolfgang Schäuble. Älter und wirksamer als das System Merkel ist das System Schäuble. Während die Bundeskanzlerin erst nach der Jahrtausendwende ihre politischen Machtspiele beginnen konnte, agiert der Schwabe seit 1972 in verschiedenen Rollen auf Bundesebene, die ihn zum eigentlichen Szenenkönig machen, ohne daß dieses Bild in der breiten Öffentlichkeit so wahrgenommen wird. Schäuble war schon bei den entscheidenden Gesprächen im Wiedervereinigungsprozeß (1990) maßgeblich beteiligt, war Parteivorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, hatte (hat) zentrale Ministerämter inne (Inneres, Finanzen), war für das Amt des Bundeskanzlers im Gespräch (was die CDU-Spendenaffäre 2000 verhinderte, sie kostete ihm die Spitzenpositionen) u. v. a. m. Er beherrscht in der Eurokrise die Szene, wenn nicht im Vordergrund, dann im Hintergrund wie bei den Brüsseler Beschlüssen vom 28./29. Juni 2012. Seine Rolle als Epochenfigur zeigt sich auch darin, daß er immer wieder für höchste Positionen im Gespräch ist.
Was kennzeichnet das Verhaltens- und Denkmuster dieses Mannes, der sich normalen bürgerlichen Berufs- und Lebenserfahrungen längst entwöhnt hat (er konnte als Bundestagsabgeordneter nur nebenbei für sechs Jahre Rechtsanwalt sein), dafür umso mehr große Räder im politischen Spiel zu drehen gewohnt ist?
Erstens: …
Zweitens: …
Drittens: …
Viertens: …
2. August 2012
Fünftens: Um die öffentliche Meinung in die gewünschte Richtung zu zwingen, hantieren Politiker weniger mit rationalen Argumenten als mit Horrorszenarien. Holger Schulze hat Angst als Mittel der Politik ausführlich beschrieben (in: Universitas, Heft 3/2012, S. 78 ff.) und es überzeugend hirnphysiologisch begründet (›Das limbische System als Schlüssel zur Macht‹). Angst als kollektive Emotionswelle verändert die objektive Wahrnehmung und verengt die Perspektive. Verängstigte Bürger (und Wähler) sind also leichter zu manipulieren. Merkel wandte den Machttrick bei der Energiewende an (Fukushima-Schock), Schäuble treibt seit Jahr und Tag zu raschen Entscheidungen (zuletzt vor dem Bundesverfassungsgericht!) in der Eurokrise an, weil sonst Schlimmes drohe. In Kombination mit Trick 4 malt er Szenarien aus, auf die das verängstigte Publikum gebannt starrt, womit die Perspektive verengt wird. Er muß es als schlimme Niederlage empfunden haben, als das Bundesverfassungsgericht sich jüngst weigerte, nicht schon in wenigen Tagen nach der mündlichen Verhandlung über den ESM zu entscheiden, sondern bis zum 12. September zu warten. In der Sache ist dies ein Realitätstest: Bricht die Eurozone wirklich zusammen, weil der ESM (und Fiskalpakt) nicht vom Bundespräsidenten flugs ausgefertigt wurde? Bis jetzt steht Schäuble blamiert in seinem Horroszenarium.
Sechstens: Beliebt ist der Trick, eine vorgeschlagene oder schon durchgeführte Maßnahme als alternativlos hinzustellen. Ohne Alternative seien der Euro und die Rettungsmaßnahmen, tönt es aus allen Rettungsrohren, ein Rückzug (auf den Boden der ökonomischen Vernunft) sei unmöglich. Auch hierin erweist sich der Finanzminister als Meister im politischen Betreibergeschäft. Daß in einer Demokratie offen, also alternativ diskutiert werden muß, paßt schwerlich in Schäubles Denkmuster, wenn man ihn reden hört.
Siebtens: Besonders raffiniert ist die Technik, einen Versuchsluftballon steigen zu lassen. Dazu deutet man eine Idee nur an oder läßt sie durch einen Sprecher »verlauten« und wartet ab, wie die Öffentlichkeit reagiert. Fällt das Urteil mehrheitlich negativ aus, gibt man sich mißverstanden. So war es bei der Kandidatur für den Vorsitz der Eurogruppe zu beobachten. Diese Koketterie sei keine gewöhnliche Schäuble-Dialektik gewesen, sondern ein veritabler Rückzug, schrieb die FAZ (Nr. 140/2012, S. 14).
Achtens: Schäuble ist wendig genug, um auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. Um im Gespräch zu bleiben und Trends nicht zu verpassen, springt man auf und setzt sich behände an die Spitze. Man rieb sich die Augen, als sich Schäuble plötzlich als Verfechter einer Volksabstimmung zur Politischen Union aufschwang. Jahrzehnte lang war über direkte Demokratie wenig Positives zu hören. Nachdem das Thema Fahrt angenommen hat, schien es Zeit, sich volksnah zu geben, wobei es sich lediglich um eine Sprachblase handelt; denn wenn überhaupt, liegt der Vorgang in weiter Ferne.
Neuntens: Primärer Adressat moderner Machtpolitik ist nicht das Volk, es sind die Medien. Ihre Transmissions- und Multiplikatorenrolle entscheidet über die Machtgewinn und Machterhalt, weil in ihrem Resonanzraum die öffentliche Meinung sich bildet. Machtpolitiker und ihre Parteien unternehmen also alles, um diesen medialen Resonanzraum in ihrem Sinne mit Themen zu besetzen, die von den Presseleuten nicht negiert werden können. Es gehört daher zur politischen Beherrschungs- und Überlebensstrategie, in den Medien ständig präsent zu sein. Erfahrene Politiker verfügen über ein Arsenal taktischer Instrumente und Beziehungskanäle, um die Medienpräsenz aufrecht zu erhalten. Da Medien nach Neuem, Abweichendem und vor allem nach Negativem gieren, kann man sie nach Belieben und reichlich füttern, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Musterbeispiel für diese hohe Kunst ist der fünfseitige (!) Aufmacher im Handelsblatt Nr. 107/2012. Unter dem (ironischen) Motto ›Europa braucht Prinzipien‹ bietet das Blatt dem Finanzminister ein Forum wie kaum einem anderen Politiker. Schäuble kann sich nach Herzenslust austoben und Nebelkerzen zünden. Wird er an frühere, längst überholte »Jetzt-ist-Schluß«-Aussagen erinnert, weicht er aus.
Zehntens: Am 20. Juni 2012 war in einer überregionalen Zeitung die Artikelüberschrift zu lesen: ›Verfassungsrichter: ESM-Urteil beendet Heimlichtuerei der Regierung…‹ Mit dem verharmlosenden Wort Heimlichtuerei ist nichts anderes gemeint als die moderne Form der geheimen Kabinettspolitik aus altadeligen Herrschaftszeiten. Damals hielt man die Untertanen für nicht politikreif, daher beriet und beschloß man hinter verschlossenen Türen. Dieser demokratiefeindliche Politikstil ist zum Standard während der Eurokrise geworden und mußte vom Bundesverfassungsgericht mehr als einmal ausgeräumt werden. Als zentraler Krisenakteur hat Schäuble schon systemlogisch daran einen gehörigen Anteil. Das Handelsblatt vom 24. August 2011 weiß unter der Überschrift ›Schäubles Geheimdiplomatie‹ einen konkreten Fall zu berichten (vgl. das Zitat im nachfolgenden Beitrag). Die geheimen Kabinettsbestimmungem im ESM-Vertrag passen genau ins Bild.
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13. Oktober 2011
Finanzminister Wolfgang Schäuble: eine Gefahr für Deutschland?
Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer
Wer die Umtriebigkeit und die Äußerungen des Bundesfinanzministers aufmerksam verfolgt, den beschleicht mehr und mehr das aufschreckende Gefühl, daß hier ein verzweifelt agierender Berufspolitiker mit allen Raffinessen sich (!) ein europäisches Denkmal setzen will, koste es für Deutschland, was es wolle. Dabei geht er bei seiner Mittelwahl keineswegs immer demokratisch und im Sinne seines Ministereides (»dem Wohle des Deutschen Volkes« Art. 56 GG) verträglich zu. Mehr noch: Wenn er über die desaströse Eurorettung spricht, stellt sich unwillkürlich der Eindruck ein: Er weiß mehr, als er sagt, und er verfolgt in pectore offenbar einen Plan, dessen Umrisse für Betrachter sich erst abzeichnet, wenn man Signalstellen seiner Äußerungen zusammenfügt. Der offensichtliche Plan: Schäuble hatte nicht nur vor, (1) die Budgetsouveränität des Bundestags zu beschneiden, wenn nicht gar auszuhöhlen (die Währungssouveränität Deutschlands ist ohnehin vergemeinschaftet), er strebte weiterhin (2) das höchst umstrittene Ziel ›Vereinigte Staaten von Europa‹ an, das den Ländern nur noch Reste ihrer Souveränität läßt (wie in den USA) und nationale Identitäten nach und nach folkloristisch verzwergt. Gefährlich ist dieser Weg, weil er die aus Jahrhunderten herausgewachsenen Mentalitäts- und Kulturunterschiede einzuebnen versucht, woraus sich zwangsläufig schwere Konflikte ergeben. Schäuble läßt sich, wie alle politischen Missionare ohne Bodenhaftung (Politik ist sein einziger Beruf, er kennt daher nicht den Berufsalltag der Bürger), davon nicht abschrecken, obschon vor seinen Augen der erste Stützpfeiler seiner illusionären Europa-Idee, die Gemeinschaftswährung, gerade zusammenbricht und die Völker, entgegen allen Versprechungen, einander entfremden läßt wie seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht mehr. Vor keinem Tribunal müssen sich die politisch Verantwortlichen für diesen gewaltigen Zivilisationsrückschritt verantworten, daher ihre ungezügelte Experimentierlust.
Schäuble (und die politische Klasse fast insgesamt) weiß, daß das Parteiensystem eine Art Immunitätsschutz für waghalsige Experimente ist, weil plebiszitäre Kontrollen von der Verfassung nicht vorgesehen sind. Weder die Mehrheit der Medien noch die Justiz braucht er zu fürchten, erst recht nicht den Verfassungssouverän, das Volk (vgl. Art. 20,2 GG), dem er seine Pläne bisher nicht offen auf den Tisch gelegt hat. Nebulös heißt es, wir (d.h. die politische Klasse, nicht das Volk) brauchen »mehr Europa«. Um sein Ziel zu erreichen, operiert Schäuble auch im Geheimen, wie das Handelsblatt, vom 24. August 2011 zu berichten weiß: »Schäubles Geheimdiplomatie: Parlament unerwünscht. Der Finanzminister beschreibt in einem vertraulichen Dokument, das er an fünf Spitzenpolitiker verschickte, die Arbeitsweise des mit 780 Milliarden Euro ausgestatteten Euro-Rettungsschirms. Die Parlamentarier sollen demnach eine Generalermächtigung aussprechen…Die Abgeordneten des Bundestags dürfen – so sieht es Schäubles Papier vor – lediglich den EFSF-Rahmenvertrag abnicken.« Erst das Euro-Rettungsschirm-Urteil des Bundesverfassungsgerichts brachte ihn von diesen Plänen teilweise ab. Nach dem Gesetz liegt nun die eigentliche Entscheidungsmacht nicht beim Bundestag, sondern bei einem parlamentarischen Ausschuß, der geheim tagt – eine überschaubare Gruppe für politische Einflußnahme. Was Schäuble stört, sind (1) die Grenzen des Grundgesetzes, mit dem die gewünschten Vereinigten Staaten von Europa nicht zu machen sind, (2) plebiszitäre Einsprüche und (3) die aufdeckende Pressekritik. Zu 3 ein seltenes Beispiel: »Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht Europa als sein (!) Projekt. doch in der Eurokrise spricht er wirr und agiert unberechenbar« (FAS vom 17. Juli 2011, S. 29). Ja, er operiert unberechenbar und auch herablassend (»Ich habe meine spöttische Seite.“ Vgl. die denkwürdige öffentliche Abfertigung seines Pressesprechers Michael Offer Anfang November 2010). Zu 2: …
Zu 1: Die politische Klasse wird schon einen Weg finden, das Grundgesetz europafreundlich umzubiegen. In europarechtlichen Vertragsbrüchen hat sie ja eine bemerkenswerte Übung. Die Rechtskrise in Deutschland und Europa ist so weit gediehen, daß kaum jemand im Lande gefordert hat, die Rechtsbrecher vor Gericht zu stellen. Gespenstisch daher die Euro-Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht.
Schäuble »will Deutschland nun in Europa aufgehen lassen«. So deutlich schreibt es der Journalist Reinhard Müller. »Geschickt mischt er… Selbstverständliches mit Visionärem.« Selbstverständlich ist für Schäuble, »daß es für unser Land keine wirkliche Alternative zur europäischen Einigung und zur europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gibt«. Das ist typischer Schäuble-Nebel, in welchem nicht erkennbar bleibt, wie die Einigung aussehen soll. Die öffentlich gehandelten Modelle reichen von einem Europa der Vaterländer bis zum Brüsseler Superstaat mit zentralistischer französischer Dominanz. Darüber läßt sich der Bundesfinanzminister nicht aus, obschon zu vermuten ist, daß er die zentralistische Variante bevorzugt, bevorzugen muß, weil anders eine fiskalpolitische Gemeinschaftslinie nicht zu erreichen ist. Auch hier ist die Mißachtung eingetretener Fakten oberstes politisches Prinzip: Was geldpolitisch total mißlungen ist (die EZB ist zur Bad Bank geworden), wird fiskalpolitisch nicht anders ablaufen, weil es nicht nur dem Souveränitätsverständnis, sondern auch den unterschiedlich gewachsenen Mentalitäten der Länder widerspricht.
Schäuble muß sich wenig darum kümmern, kann er doch in einem weitgehend sanktionslosen politischen Freiraum agieren (vgl. oben). Wird er einmal ernsthaft konfrontiert, wie bei dem denkwürdigen Gespräch mit dem ehemaligen Chefökonom der EZB, Otmar Issing, reagiert er wie seinerzeit gegenüber seinem untergebenen Pressesprecher: »Unterschätzen Sie die Entschlossenheit derer nicht, die jetzt an Europa bauen wollen. Es trifft mich persönlich, wenn Sie das eine Alibiveranstaltung nennen. Europa ist schon jetzt nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts viel mehr als ein Staatenbund.« Es beleidigt ihn also persönlich (!), wenn man die »Sorge« äußert, »daß man in der Krise nur eine Art Alibikontrolle in Europa hinbekommt, die nicht politisch legitimiert ist« (so Ottmar Issing). Das Interview ist entlarvend: (1) Die »Entschlossenheit« der politischen Klasse (»derer …, die«) darf nicht unterschätzt werden, die Völker haben nicht mitzureden (und wenn, wertet man es als Unfall auf dem Weg zu…). (2) Dieses epochale Vorhaben, das in Gestalt einer Euro-EU-Mißgestalt angestrebt wird (Alternativmodelle werden verteufelt), macht einer zu seinem persönlichen Anliegen – eine der gefährlichsten politischen Konstellationen, wie die Geschichte zeigt. Denn persönlicher Überehrgeiz schert sich wenig um Gesetze und Volksmeinung (vgl. oben).
Wenn schon Schäuble seine Person ins bitterernste Spiel bringt, dann muß er sich auch Anmerkungen zu seiner Person gefallen lassen. Der Finanzminister ist Jurist, eine Berufsgruppe, die sich bekanntlich für alles und jedes zuständig fühlt, auch für Finanzen. Juristen sind Verfahrensspezialisten, denen Substanzen leichterhand als knetbare Sache erscheinen. »Der wahrhaft juristisch Gebildete beantwortet Rechtsfragen stets mit der ernst gemeinten Floskel: ›Es kommt darauf an« (Milos Vec, MPI, Frankfurt/M.). Die Sachen selber werden stets unter Verfahrenspassigkeit gesehen, wobei man das Verfahren auch locker sehen kann (s. die Mißachtung des Bail-Out-Verbots). Daß manche Sachverhalte prozessual nicht mit sich spaßen lassen, weil ihnen eine besondere Wucht und Logik innewohnen, kommt in juristischem Denken nicht vor. »Habituell drückt sich der Besitz juristischer Bildung darin aus, jedes Problem als eine (bloße, E.D.) Rechtsfrage wahrzunehmen… Der Jurist nimmt jeden als jedermanns potenzieller Prozeßgegner wahr. Von hier aus bis zum Querulantentum ist es nur ein kleiner Schritt« (Milos Vec).
Wolfgang Schäuble wird erkennbar von einem brennenden Ehrgeiz angetrieben, den auch härteste Schicksalsschläge nicht brechen. Das ist solange bewundernswert, wie dieser Ehrgeiz nicht…
Allen übermotivierten Ehrgeizlingen sollten sich freilich diejenigen Zahlen hinter den Spiegel stecken, die Wirtschaftsforscher vom Münchener Ifo-Institut gerade vorgelegt haben. Beim Euro-Rettungsabenteuer stehen für Deutschland im schlimmsten aller Fälle nicht weniger als 472 Milliarden Euro Kosten auf dem Spiel. Das übersteigt den jährlichen Bundeshaushalt. Die maximale Kreditvergabe an schlingernde Länder beträgt 1.691 Mrd. Euro. Und selbst diese gigantische Summe wird nicht reichen, wenn Italien kollabiert. Wolfgang Schäuble ist der Hauptakteur in dieser Tragödie.
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